Neue Großexponate für kommende Dauerausstellung im Historisch-Technischen Museum Peenemünde
Im Jahr 2023 begann im Historisch-Technischen Museum Peenemünde (HTM) nach umfangreichen Vorbereitungen die Umsetzungsphase für eine neue Dauerausstellung. Nun sind zwei neue Großexponate in der Objektsammlung des HTM angekommen.
Es handelt sich dabei um eine Gleitbombe Henschel Hs 293 und eine Jägerrakete, Kramer/Ruhrstahl X-4, die die Versuchsstelle der Luftwaffe Peenemünde gemeinsam mit deutschen Rüstungsunternehmen im Zweiten Weltkrieg entwickelt hatte. Beide Objekte sind langfristige Leihgaben des National Air and Space Museum, Washington D.C. (USA). Sie sind zunächst im Schaudepot des Museums zu besichtigen und werden später in der neuen Dauerausstellung einen konkreten Eindruck der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in den Versuchsstellen der Wehrmacht vermitteln.
Die Gleitbombe Henschel Hs 293 (Baujahr 1941–1945, Länge 3,8 m, Spannweite 3,1 m, Startgewicht 975 kg, Schub 600 kg, Höchstgeschwindigkeit 950 km/h) war eine der weltweit ersten Präzisionsbomben. Sie wurde von einem Flugzeug abgeworfen und von einem Raketenantrieb beschleunigt, der auf einen Motor für Torpedos zurückging. Im „kalten Verfahren“ reagierten Wasserstoffperoxid und Kalziumpermanganat, ohne zu verbrennen. Ein Schütze im Flugzeug lenkte die Bombe mit einem Steuerknüppel in ein Ziel in bis zu 30 Kilometern Entfernung. Im Kriegseinsatz ab August 1943 versenkte oder beschädigte die Hs 293 über 30 Zerstörer und Handelsschiffe, darunter den britischen Truppentransporter Rohna. Von den 2.200 Soldaten an Bord starb über die Hälfte.
Die Jägerrakete, Kramer/Ruhrstahl X-4 (Baujahr 1943–1945, Länge 2,0 m, Spannweite 73 cm, Startgewicht 60 kg, Schub 150 kg, Höchstgeschwindigkeit 900 km/h) war gedacht als Bordrakete von Jagdflugzeugen. Sie verfügte über ein Flüssigkeitstriebwerk und wurde per Drahtsignal vom Flugzeug sehr präzise ferngesteuert. Durch einen Abstandszünder explodierte die X-4 nahe dem Ziel. Die Entwicklung der Waffe war Teil eines großen Rüstungsprogramms für Jagdflugzeuge und Jägerraketen, damit die Luftwaffe der alliierten Luftüberlegenheit entgegenwirken könne. Zum Einsatz kam die X-4 bis Kriegsende jedoch nicht mehr.
Die Neugestaltung der Dauerausstellung ist eine wichtige Phase in der Weiterentwicklung des Museums, das seit seiner Eröffnung im Jahr 1991 bereits über 6,5 Millionen nationale und internationale Gäste begrüßen konnte. Es dokumentiert die Geschichte der Peenemünder Versuchsstellen zwischen 1936 und 1945. In den vergangenen Jahren hat das HTM neue Perspektiven auf die Geschichte entwickelt. Im Mittelpunkt stehen der historische Ort und die gesellschaftlichen Strukturen, innerhalb derer er aufgebaut und betrieben wurde. Die Geschichte der Rüstung für den Zweiten Weltkrieg soll in der neuen Dauerausstellung auch in darüber hinausreichende Strukturen der Moderne eingeordnet werden. Indem die technischen und kulturellen Kontinuitäten von Peenemünde in der Nachkriegszeit vorgestellt werden, wird die Bedeutung von technischen Innovationen für moderne Gesellschaften diskutiert.