Das Kohlekraftwerk in Peenemünde wurde zwischen 1939 und 1942 erbaut. Weil es im Gegensatz zu allen anderen Werkanlagen Peenemündes nach dem Krieg nicht gesprengt wurde, konnte es in der DDR weitergenutzt werden und erzeugte bis 1990 elektrische Energie. Das einzige vollständig erhaltene Großgebäude der ehemaligen Versuchsanstalten ist mit 92 Metern Länge und 34 Metern Höhe das größte Industriedenkmal in Mecklenburg-Vorpommern. Seit dem Jahr 2000 beherbergt es mit seinen Nebengebäuden die Dauerausstellung des Historisch-Technischen Museums.
Das Kraftwerk diente einst als eine wichtige Infrastruktur in der anlaufenden Serienfertigung der Raketen – vor allem, um den hohen Energiebedarf für die Produktion von flüssigem Sauerstoff als Treibstoffkomponente zu decken.
Mit dem Bau und der technischen Ausstattung wurde die Siemens-Schuckert AG beauftragt. Zum Schutz vor Überschwemmungen wurde der Untergrund mit fast drei Metern Sand aufgespült, und zur statischen Sicherung des Gebäudes wurden über 2.000 Stahlbetonpfähle in den Boden gerammt. Verbaut wurden über 5.000 Tonnen Eisen, über 2,5 Millionen Steine und 90.000 Kubikmeter Kies. Dass die Fassade mit Backstein verklinkert wurde, war aus funktioneller Sicht nicht nötig, sondern sollte die wuchtige Wirkung des Gebäudes unterstreichen und den Eindruck einer ‚Kathedrale der Moderne‘ vermitteln.
Das Kraftwerk ging im November 1942 in Betrieb. Verfeuert wurde Kohle, die per Schiff ankam, per Kran entladen wurde und nach einer Zerkleinerung im Brecherhaus über ein Förderband zu den Kesseln transportiert wurde.
Das Kraftwerk brachte eine Leistung von 30 Megawatt, die in zwei Turbogeneratoren erzeugt wurde. Doch es versorgte die Versuchsanstalten nicht nur mit elektrischer Energie, auch Abwärme wurde zum Beheizen von Anlagen mittels eines Fernheizungssystems genutzt. Der ganze Prozess wurde von einer Schaltwarte aus gesteuert, einem separaten Gebäude, von dem später auch ein zweites, allerdings nicht mehr gebautes Kraftwerk hätte gesteuert werden sollen. Die Schaltwarte ist gleichzeitig eine Luftschutzeinrichtung, ein sogenannter Hochbunker mit bis zu zwei Meter dicken Wänden und Decken. Eine präventive Luftschutzmaßnahme war eine Abgasreinigung, so dass nur wenig sichtbarer Rauch über die Schornsteine entwich. Dies sollte die Geheimhaltung der Anlage begünstigen.
- Blick auf die Baustelle des Grundgerüstes im Oktober 1940 – im Vordergrund noch sumpfiges Gebiet, das noch nicht aufgespült wurde. Foto: Bauleiter Josef Greiner, Peenemünde, 1940 (HTM Peenemünde, Archiv)
- Verlegung von Fernheizrohren. Das Fernheizsystem gehörte zu den größten seiner Art in Europa. 1944 wurde es von einer Bombe getroffen und verursachte einen schweren Waldbrand. Foto: Baustellenleiter Josef Greiner, Peenemünde, 1941/1942 (HTM Peenemünde, Archiv)
- Auch nach Kriegsende wurde das Kraftwerk weiterbenutzt. Auf dem Dach sieht man den roten Stern der Sowjetunion – als symbolische Erinnerung an den Sieg über den Faschismus. (HTM Peenemünde, Archiv)
- Während der DDR-Zeit stieg man von Stein- auf Braunkohle um. Steinkohle offerierte zwar eine höhere Effizienz im Kraftwerk, doch Braunkohle war kostengünstiger. (HTM Peenemünde, Archiv)
- Tragende Stahlkonstruktion, an der der Name der Stahlbaufirma „Gollnow u. Sohn“ aus Stettin zu lesen ist. Foto: Baustellenleiter Josef Greiner, Peenemünde, 1941 (HTM Peenemünde, Archiv)
- … stehen auch heute noch und sorgen für Stabilität. © Foto: Thilo Peters, 2018
- Zu Tarnzwecken verfügte das Kraftwerk über eine Rauchgasbereinigung. Zudem wurde es im Laufe des Zweiten Weltkrieges mit Tarnfarbe bemalt. Spuren dieser Tarnmuster sieht man auch heute noch. © Foto: Thilo Peters, 2018
- Ölkanne aus der DDR-Zeit, die vermutlich zum Schmieren der Turbinen verwendet worden ist. Ein Augenzeuge berichtet, es wurde „so gut wie alles geschmiert“. Foto: Thilo Peters, 2018 (HTM Peenemünde, Archiv)