Souvenirs mit Peenemünde-Bezug in den 1990er Jahren: Porzellan-Teller mit Zeichnungen von A4-Raketen, Foto: Daniel Middeke, 2018 (HTM Peenemünde, Archiv)

Am 3. Oktober 1992 sollte unter dem Motto „50 Jahre Raumfahrt. Erbe – Verpflichtung – Perspektive“ das Jubiläum des ersten erfolgreichen Abschusses einer Aggregat 4-Rakete (A4) gefeiert werden.

Das Historisch-Technische Informationszentrum (HTI) und sein Förderverein planten Vorträge, Podiumsdiskussionen und eine Lesung des Buches „Insel ohne Leuchtfeuer“ von Ruth Kraft. Später organisierten der Bundesverband der deutschen Luft-, Raumfahrt- und Ausrüstungsindustrie und das Bundeswirtschaftsministerium einen großen Festakt zum Gedenken an die technische Pionierleistung. Eigens für dieses Jubiläum wurden kleine Andenken angefertigt.

Die Vorbereitungen erregten kurz vor dem angedachten Termin ein kritisches Medienecho. Tenor war das Entsetzen darüber, dass allein die wissenschaftlich-technische Pionierleistung zelebriert und die Arbeiten in Peenemünde als der Ursprung der Raumfahrtforschung dargestellt werde sollte. Warum wurde nicht beachtet, dass die Raketen von Zwangsarbeitern produziert wurden und als „Vergeltungswaffe 2“ zahlreichen Zivilisten das Leben kostete?

Die Empörung über die geplante Gedenkveranstaltung der „mörderischen V2-Rakete“ schaffte es 1992 beim „Daily Mirror“ sogar auf die Titelseite. „Daily Mirror“, London, 26.09.1992 (HTM Peenemünde, Archiv)
Am 3. Oktober 1942 wurde am Prüfstand VII zum ersten Mal eine A4-Rakete erfolgreich getestet. Auf das Datum bezieht sich der Mythos der „Wiege der Raumfahrt“, da erstmals eine Rakete in den Grenzbereich zum Weltall gelangte. (HTM Peenemünde, Archiv)

Die heftige Kritik erklärt sich aus einer verbreiteten (auch internationalen) Sorge um einen Rechtsruck der deutschen Gesellschaft nach der Wiedervereinigung. Der Skandal warf fundamentale Fragen zur Bedeutung von Peenemünde als historischem Ort auf: Wie können technische Innovation und Verbrechen gemeinsam erinnert werden? Wessen soll an diesem Ort und im Rahmen seiner Geschichte gedacht werden? Diese neuen Reflexionen veränderten das Museum nachhaltig.

Vorderseite der Gedenkmedaille „Peenemünde. Geburtsort der Raumfahrt“ in Silber aus dem Jahr 1992. Sie wurde im Auftrag des Historisch-Technischen Informationszentrums Peenemünde (HTI) durch das Mecklenburger Münzkontor hergestellt. Die Münzen und andere „Repräsentationsgeschenke“ hätten anlässlich der Jubiläumsfeier, zu der es letztlich nicht kam, verschenkt und verkauft werden sollen. (HTM Peenemünde, Archiv)
Einladungskarte zum Festakt 1992 unter dem Motto „50 Jahre Raumfahrt – Erbe, Verpflichtung, Perspektive“. (HTM Peenemünde, Archiv)